Dienstag, 8. Oktober 2013

Der Beginn des alltäglichen Wahnsinns

So langsam richtet sich bei mir ein geregelter Alltag ein und mittlerweile finde ich mich auf dem Uni-Gelände und im Wohnheim zurecht.
Meine neuste, und bisher auch kostspieligste Errungenschaft ist mein neues Fahrrad. Gute 15.000 Yen hat das Baby gekostet und das wären 15.000 Yen, die ich mehr gezahlt habe als die meisten hier.
Kommt ein Student aus dem Ausland an, wird ihm meistens vom Vormieter oder einem anderen, der gerade auszieht, das alte Fahrrad geschenkt. War auch bei den meisten hier so, aber offensichtlich kam ich knapp zu spät. Zumindest scheint es keine freien Fahrräder mehr zu geben, weshalb ich zur Brieftasche griff. Alternativ hätte ich auch nach einem Second-Hand-Laden suchen können, doch dieser hatte geschlossen und bei Asahi waren welche im Angebot. Zum Zweirad wird dann noch eine Versicherung abgeschlossen und gleich registriert, falls irgendein böser Bubi es mir klauen möchte. Und wenn ich richtig gelesen habe gibt es sogar eine. Schadensersatz von ein paar Millionen Yen, falls ich beim Fahren sterben sollte... ich hoffe doch, dass nicht nötig sein wird.

Auf dem Mie-Campus existiert eine Vielzahl an Klubs und Zirkeln. Ungefähr 60 sportlich ausgerichtete und 60 kulturell ausgerichtete Gruppen. Wobei darunter alles Mögliche verstanden wird. Ein Großteil wird von Tennis- und Baseball-Klubs beherrscht, eine für mich interessantere Sparte bilden die Kampfkünste wie Jūdō (柔道), Karate (空手道) oder Aikidō (合気道), wobei es auch welche mit Waffen gibt wie Kendō (剣道) und Aikidō-Budō (合気道武道). Großes Interesse hege ich am traditionellen, japanischen Bogenschießen/Kyūdō (弓道). Ach, wenn die Ausrüstung nur nicht so teuer wäre ... und es nicht dieses Gerücht gäbe, dass sie keine Ausländer rein lassen.
Auf der kulturellen Seite gibt es übliche Vereine wie musikalische aller möglichen Richtungen oder Instrumente, einen Manga-Klub oder Spiele-Gruppen, worunter sich natürlich einer auf Kartenspiele spezialisiert, die bevorzugt Thema animierter Kinderserien sind. Aber auch ausgefallene Aktivisten finden sich, wie der Schildkröten-Club, die für den Erhalt von Schildkröten und Schweinswalen eintreten, den Vampir-Klub, der die Blutspende unterstützt. Wie schön dass auch jemand an die armen Vampire denkt! Und dann noch den berüchtigten Katzen-Klub aus Mie, der sich um die herrenlosen Katzen kümmert, die hier überall herumstreunen. Vielleicht produzieren sie auch Katzen, klonen sie und versuchen sie zu Mutantenkatzen zu machen. Schließlich sah ich schon welche mit verschieden farbigen Augen, eine mit Hitler-Bärtchen und, bisher nur davon gehört, jenen Menschen, die ständig Katzenohren tragen. Sobald ich jene Exemplare finden sollte schicke ich Fotos.

Mittlerweile hat es meine Etage auch geschafft die Küche in Angriff zu nehmen, sodass man denken könnte, es würde sich tatsächlich mal jemand um sie kümmern. Wahrscheinlich werden wir übermorgen bei der Zusammenkunft des Wohnheims die "Weekly Duty" einteilen, also quasi die Verantwortung für Küche und Müll, welche pro Woche von Zimmer zu Zimmer weiter gegeben wird.
Auch ist‘s es mir gelungen meinen ersten Reis per Reiskocher zu kochen. Gut das klingt einfach, aber nur wenn man weiß wo sich Reis kaufen lässt. Einst basierte das Währungssystems Japans auf diesem Zeug und ich brauche eine ganze Woche um einen Laden zu finden wo es Reis gibt, denn tatsächlich wird dieser im fachdienlichen Kleinsupermarkt, hier Konbini, nicht geführt. Das lustige dabei ist, dass ich am jenen Tag auch meine Wäsche gewaschen habe und mein Waschpulver fast den gleichen Duft wie mein Reis hat. Dementsprechend bekomme ich beim Einschlafen jetzt immer Hunger...
Unsere Trockner sind übrigens sehr genial, denn sie stehen genau dort wo es keine Steckdose gibt. Ich weiß ehrlich gesagt nicht wie diese bisher benutzt wurden ohne dass man sie, wie ich, zu den Wachmaschinen und deren Anschlüssen rüber zieht. Zumindest war da jemand schlau genug sie nicht an der Wand zu befestigen, wofür die Gestelle auf denen sie stehen eigentlich angedacht sind.

Sonst gäbe es nicht viel Neues. Vielleicht noch zum Wetter: Es wurde zunehmend bewölkter und ab und zu schauert es ziemlich deftig. Wahrscheinlich sind dies die ersten Anzeichen des Taifuns (大風), welcher in den kommenden zwei Tagen vermutlich über die Rückseite Japans fegt. Wenn’s schlimm wird bekommen wir immerhin Taifun-frei, ja sowas gibt’s wirklich, und das ist doch auch was.

2 Kommentare:

  1. Vielleicht kannst du deinen Drahtesel im nächsten Jahr ja weiterverkaufen :-) wenn du weißt wer in dein Zimmer kommt.

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    1. Wäre schön, vorrausgesetzt die anderen verschenken ihre nicht gerade dann, sodass sich kein Käufer findet.

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