Kleine Erklärung zur Überschrift:
Nara (奈良) ist zunächst einmal eine bekannte, sehr alte Stadt im Westen von Nagoya. Zur Nara-Zeit (710-794 n.Chr.) war sie auch die namensgebende Hauptstadt, weshalb sie viele alte Tempelanlagen und andere Orte von historischem Interesse umfässt. Weiterhin ist "-nara" eine im Japanisch häufig gebrauchte Partikel, die einen konditionalen Zusammenhang herstellt. Meistens angewandt bei Ratschlägen oder generellen Hinweisen: "Wenn es um XY geht/ Bei XY empfiehlt es sich...". So bedeutet "Nara-nara" etwas wie "Wenn es um Nara geht / Wenn Sie schon in Nara sind". Soviel zur Einleitung.
Nara besitzt auch ein Nationalmuseum und mein Kollege Pascal fand heraus dass bis zum 11.11. dort eine Sonderausstellung, u.a. mit dem Themenbereich Buddhismus, stattfand. So setzten wir uns in die Bahn und wollten uns dort mit Andre treffen, welcher eine Bekannte besuchte. Wie Pascal es so schön formulierte "hatte ich die Idee dahin zu fahren, war am Wochenende aber beschäftigt. Aber zum Glück hat Alec das mit der Hinfahrt dann geplant". Will man einigermaßen günstig fahren und dann noch darauf achten nicht am falschen Bahnhof anzukommen, in Japan existieren nämlich viele private Bahnunternehmen nebeneinander, so muss man doch schon gute 3-5 Mal umsteigen.
Eine Fahrt beansprucht zwischen 2,5 bis 3 Stunden und "um noch ein wenig von Nara selbst zu sehen, sollten wir schon recht früh los" (Zitat einer anderen Person). Ich nehme die Pointe vorweg: Außer dem Museum haben wir quasi nichts weiter von Nara gesehen. Während ich mit zwei vorbereiteten Lunchpaketen/Bentō (弁当), davon eines selbst gemacht, das andere gekauft, und Tags zuvor gakauften Brötchen auflief, hatten meine Kamerade natürlich nichts dabei und besorgten sich im nächstbesten Ministop ihr Frühstück.
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Hier gibt es Hirsch-Kekse zu kaufen. |
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Der Eingangsbereich des Museums: schon irgendwie protzig |
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Der eine hat noch eine berechtigte Scheu |
Das erste, was in Nara auffällt, sind die vielen Rehe und Hirsche, die kreuz und quer durch Parks und Straßen schweifen. Für 150 Yen lassen sich an durchdacht platzierten Ständen Knabbereien für diese putzigen Dinger kaufen. Ich rate davon jedoch ab, denn hinter den hungrigen Rehaugen verbirgt sich ein boshaftes Kalkül, welches kalt Berechnungen darüber anstellt, welche Touristen es anbaggern sollte. Tatsächlich erzählte mir Andre dass er bei seinem letzten Besuch hier in den Allerwertesten gebissen wurde.
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Der andere ist einfach nur uninteressant |
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Und der letzte hat schon wieder ganz andere Interessen |
Aber wir interessieren uns ja nicht für fressgierige Fleischpakete auf vier Beinen, sondern für die Ausstellung. Wir kamen überraschend schnell rein, auch wenn es doch sehr gefüllt war und die Angestellten der Information erspähten uns Ausländer bereits aus der Ferne, sodass wir mit allerhand Zetteln und Rundführern auf Englisch erwartet wurden. Der Pascal gönnte sich für 500 Yen noch einen englischen Audioguide, der im Nachhinein äußerst praktisch und informativ war, doch acuh dafür sorgte, dass sich Pascal länger mit den einzelnen Stücken beschäftigte. In der 65. Ausstellung der Schatzkammer des Tōdaiji (東大寺), dem berühmtesten Tempel Naras, auf Japanisch Shōsōin (正倉院展) genannt wurden dann aufbewahrte Stücke des besagten Tempels präsentiert. Diese waren zu Teilen private Besitztümer des Shōmu Tennō (聖武), den damaligen Kaiser und (wie wir Japanologen natürlich alle wissen) erster sich zum Buddhismus bekennender Tennō. Zum anderen befanden sich dort Opfergaben und Spenden der kaiserlichen Familie an den Tempel, Masken und Spielzeuge, die der damaligen Unterhaltung dienten, sowie diverse religiöse Utensilien. Interessant waren auch die ausgestellten Sutras, in diesem Jahr zum ersten Mal ausgestellt, und Aufzeichnungen über Einwohnerlisten, Kreditverträge und Inhaltslisten, die damals erstellt wurden. Fotografieren war leider verboten weshalb ich leider keine Fotos zur Verfügung stellen kann...
Kleiner Scherz, wäre mein Ausköser nicht so laut gewesen, dass alle Leute in meiner Nähe immer aufschreckten, hätte ich vermutlich noch ein paar bessere Aufnahmen.
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Eine Maske, die beim Gagaku-Spiel getragen wurde |
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Ein Spielbogen, mit welchem man kleine Kügelchen abschoss |
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Eine Anleitung zum Erstellen einer Brennpaste, die zum Verbrennen für Opfergaben in einer bekannten Schüssel genutzte wurde (von dieser ließ sich aufgrund der Aufpasser kein Bild machen) |
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Verträge von Leuten die Geld oder Sachgegenstände verliehen haben |
Nach der Ausstellung konnte man noch Andenken kaufen, leider zu etwas zu teuren Preisen, oder an einer recht hektisch wirkenden Teezeremonie teilnehmen (erkennt hier jemand einen Widerspruch?). Im Verkaufsbereich stand eine Frau, die wohl eine der nervigsten Attituden des japanischen Umgangs in ihrer Vollkommenheit präsentierte. In genau abgeschätzten Zeitabständen ein und dieselbe Parole kontinuierlich mit einer schrillen, hohen Stimme und zwanghaft breit grinsend in den Raum rein zu brüllen: "Verehrte Gäste, die etwas kaufen möchten, kommen bitte diesen Weg entlang!" Nicht dass eine derartige Auffordrung bei der Anordnung der Kassen notwendig gewesen wäre...
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Beim Ausgang darf man noch einen Ausblick auf die Gartenanlage werfen. Allein dieser Ausblick ist nur zugänglich, wenn das Ausstellungsgebäude für bsondere Anlässe geöffnet ist. |
Anschließend, da im Ticketpreis mit inbegriffen, besuchten wir noch den gewöhnlichen Teil des Museums im Hinblick darauf, danach noch den oben erwähnten Tōdaiji zu besuchen. Ich merke an dieser Stelle an, dass wir außer je Person ein Brötchen noch nichts gegessen hatten (in einem Museum käme das auch irgendwie unpassend). Auch die Moral dieser Geschichte nehme ich mal vorweg: Wer nicht selbst ein enormes Interesse an alten Buddha-Statuen, Schnitzereien, Masken oder dergleichen hat, sollte sich hüten mit einem Religionswissenschaftler+Japanhistoriker in ein Museum für Buddhismus in Japan zu gehen. Andre war bereits mit allen Hallen durch, während Pascal sich offensichtlich jedes Ausstellungsstück derartig ganu ansah, als ob er anhand des Materials erkennen wollte in welcher Zeit zu welcher Jahreszeit ein Stück entstand und ob sein erschaffer Buddhist war...
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Die Wächter tragen Helme, auf denen die Vertreter der 12 Tierkreiszeichen zu finden sind. Außerdem vollführen sie alle altjapanissche Provokationsposen, welche man hierzulande als "tuntig" betitelt. |
Naja, ich selber konnte mich mit ihm dann noch gut über solcherlei Sachen unterhalten, während Andre ne gute halbe bis eine Stunde vor uns das Gebäude verlassen musste, um seine Bekannte zu kontaktieren. Die Situation war anschließend leicht angespannt, was aber vor allem auf ein allgegenwärtiges Hungergefühl zurückzuführen war. Immerhin war es bereits nach 18 Uhr. So landeten wir in einem Laden, der für recht wenig Geld ein großzügiges Angebot hatte. Pascal und ich bestellten Mangels Entscheidungswillen ein Päarchenmenü, das Vorspeise bis zum Dessert umschloß. Für 1.300 Yen habe ich lange nicht so gut essen können und die Beschreibungen "dekadent" und "köstlich" waren wahrlich angebracht. Das Wort "erotisch" fiel auch des Öfteren, jedoch nicht von meiner Seite.
Ähnlich wie zur Hinfahrt kamen wir für 1.520 Yen dann zurück, etwa so gegen 10:30 Uhr mit dem Gedanken: "Wenn es um Nara geht, reicht nur einmal nicht aus."
Meinst du mit Auslöser das "Spiegelgeräusch" deines Smartphones? Tja, gegen die Mechanik kann man leider nichts machen.^^
AntwortenLöschenDie Rehe sind sehr cool, ich selbst freu mich schon auf die zahmen Rehe auf Miyajima!
Gabs eigentlich irgendwelche coolen Souvenirs?
Naja, großteils Tücher, Fächer, und andere stoffliche Sachen, wo die Motive von den Wandgemälden des Tenno abgebildet waren, war mir zu derzeit jedoch etwas zu teuer.
LöschenAber hätt sich im Nachhinein schon gelohnt.
Wenn ich das so lese überkommt mich etwas Neid. Ich muss mich wohl so langsam auch mal auf die Socken machen und die Gegend hier in Leon erkunden.
AntwortenLöschenLiest sich so als ob du die Historie und Geschichte Japans doch weiter studieren möchtest :-)