Freitag, 20. Juni 2014

Tôkyô-Adventures - Anime-Shopping und ein Kulturtag

Unser Zeitfenster in der Hauptstadt war mit 2 verbleibenden Tagen recht begrenzt und unsere Planung ging daher in die Richtung "Lasst uns einen Tag lang shoppen und die skurrilen Anime-Läden abklappern und dann sollten wir auch mal etwas japanische Kultur ansehen (spricht Tempel und Schreine)". Und natürlich, wenn man schon so wenig Zeit hat, verirrt man sich erst einmal im Tokyoter U-Bahnsystem...
"Hier ist kein Ausgang" - denn hier wechselt man nur in eine (von unzähligen) andere Linie



Der 1. volle Tag in Tôkyô

Ein Tipp für jeden, der gerne einmal Tôkyô besichtigen möchte: Informiert euch vorab darüber welche U-Bahn ihr wann und wohin nehmen müsst um euer Ziel zu erreichen, besorgt euch einen Straßenbahnplan und werft danach alles weg, weil ihr euch ohnehin bei den Beamten durchfragen müsst. Denn neben der Japan Railway (kurz JR), existieren noch die Metro und geschätzte drei (gefühlte zehn) voneinander unabhängige U-Bahngesellschaften. Zwar arbeiten diese hin und wieder in bestimmten Bereichen und Bahnhöfen zusammen, aber darauf sollte man sich als allerletztes verlassen.
So kam es, dass uns fast jedes Mal die Torschranken vor den Beinen zugeklappt wurden, weil wir eine falsche Bahnfahrkarte hatten, oder über unser Ticket hinausgefahren sind. Mit Mühe und Not kamen wir aber letztlich doch an, wo wir hin wollten. Zuerst waren wir Pokémon-Center Tokyobay. Dieses liegt nicht wirklich im Stadtkern Tôkyôs, sondern ein wenig außerhalb und ist das jüngste erbaute Pokémon-Center Japans. Dennoch unterschied es sich derart wenig von den anderen, dass wir glatt keine Fotos schießen mussten. Stattdessen zeige ich euch etwas aus einem anderen häufig anzutreffenden Geschäft in Japan: Ein Haustiergeschäft. Und weil es Japanern vor allem niedliches Aussehen und Stubenreinheit geht, bedeutet dies: je süßer desto teurer.
Allerdings rede ich hier nicht von Kaninchen, Meerschweinchen oder Mäusen. In Japan sind die Haustiere, die am meisten ausgestellt werden Hündchen und Kätzchen (die Verniedlichung soll hier von anderen zu erwartenden Hunde- und Katzenrassen unterscheiden).



Herrchen und Frauchen, die sich sehr um das Aussehen und die Pflege ihres Lieblings sorgen, können dieses hier auch abgeben und frisieren, waschen und aufputzen lassen. Weiterhin gibt es einen "Spielbereich" für den man Eintritt gerechnet nach zeitlichem Aufenthalt zahlt. Dieser ist für Leute, die sich aufgrund ihrer Wohnung oder der Finanzen keinen Hund leisten können und dafür mit den Welpen des Geschäftes Zeit verbringen können.
Das ganze findet sogar für Zuschauer frei einsehbar statt
Nun ging es weiter nach Shibuya (渋谷). Dieses bildet zusammen mit Harajuku (原宿) und Shinjuku (新宿) die bekannten Einkaufsmeilen im Stadtzentrum. Vor dem JR-Bahnhof Shibuya befindet sich der berüchtigtsten Kreuzungen in ganz Japan. Gerade zur Rush Hour ist es hier proppevoll und man sieht die Straße vor lauter Menschen nicht, und dennoch fließt normaler Autoverkehr durch. An besagter Kreuzung passieren innerhalb einer Grünphase der Ampeln hunderte Menschen die Straße, und diese hält ungefähr 15 Sekunden an.
Jedenfalls ließ sich in so einem Gedränge schlecht fotografieren. Und wenn man sich zwei Mal verläuft und mehrmals um einen Gebäudeblock rumläuft, hat man auch andere Sachen im Kopf.
Naja, wo ein Ziel ist, da ist auch ein Weg, oder so ähnlich. Hier unsere Ausbeute aus dem Tag:



Der 2. volle Tag in Tôkyô

Wie bereits angekündigt, nahmen wir uns vor diesmal etwas mehr Kultur zu erleben. Und wenn man da nicht genau weiter weiß, heißt das im Grunde Tempel und Schreine anschauen. Zuerst jedoch wollten wir uns die Skyline ansehen. Wenn man schon in einer der größten Städte der Welt ist, möchte man doch mal wie groß sie denn tatsächlich ist. Hier ein kleiner Geheimtipp für Leute, die etwas Geld sparen wollen: Vom Rathaus in Shinjuku aus hat man einen sehr weiten Blick über die Stadt und man kommt komplett kostenlos hoch. Wer jedoch die wirklich höchsten Punkte der Stadt sucht, sollte sich dem Tokyo Tower oder dem Tokyo Sky Tree widmen. Wir sind jedoch knauserig.

Taschenkontrolle vor dem Touristenaufzug


Stadt, soweit das Auge reicht


Im Hintergrund der Berg Fuji. Wir glauben es einfach mal
Geld verdienen die Betreiber dann durch die Souvenirshops auf der obersten Etage
Leider sieht man bei einem Überblick von Tôkyô nicht mehr als Hochhäuser, sich überall verzweigende Straßen und hier und dort ein paar grüne Flecken Park.
Unser nächstes Ziel sollte da schon ein wenig abwechslungsreicher und farbiger sein. Unser Weg führte uns zunächst zum Tokyo Tower, dem ehemals höchsten Aussichtspunkt der Stadt, der diesen Status an den Sky Tree abgeben musste. Er erinnert irgendwie an den Eifelturm, verkleidet als Fernsehturm. Tatsächlich soll die Pariser Attraktion als Vorbild gedient haben. Ein Aufstieg in diesen war uns aber zu teuer, weshalb wir uns dem Zôjô-ji (増上寺) widmeten, einem nahen Tempelgelände mit vielen Gebäuden, Grünflächen und dem Sangedatsu-mon (三解脱門), welches den Zugang zum Tempel von der Hauptstraße aus bildet und dem reinigende Kräfte nachgesagt werden, wenn man es durchschreitet. Wir konnten uns diesem Segen leider nicht fügen, da wir ihn von der dem Tower zugewandten Seite aus betraten.







Sangedatsu-mon


Hier wird einem Raben gehuldigt. Ich glaube er dient als Botenvogel für Götter, ähnlich wie Hermes

Jizô-Statuen
Nach diesem Abstecher konnte ich meinen Leuten noch eine japanische sage näher bringen, die ich auch euch nicht vorenthalten möchte: Die 47 Rônin (四十七士). Ein Rônin ist ein Krieger (Samurai), welcher aus diversen Umständen heraus aus dem Dienst seines Herrn entlassen wurde. Im Falle der 47 war es der Tod ihres Herrn durch rituellen Selbstmord (Seppuku), zu welchem er durch die List eines Rivalen getrieben wurde. Seine Gefolgsleute schwuren Rache für ihren Herren zu nehmen, wussten aber dass ihr Feind ausreichend bewacht wurde. Sie führten daher zunächst ein unterschichtiges Leben als Rônin, wobei ihnen von anderen Menschen stets Verachtung und Schmach entgegengebracht wurde. Kurzer Hintergrund zum Seppuku: Der rituelle Selbstmord kann eine Person von schlechten Taten, Sünde oder dem Versagen seinem Meister gegenüber befreien. Aber er ist auch eine Bestrafung jenen gegenüber, die eine Beleidigung oder Schmach einer höheren Person gegenüber erbringen (so wurde der Großherr dieser Geschichte zu einer solchen verleitet), oder ihre Pflicht vernachlässigen (was von den Rônin erwartet wurde, da sie nach dem Gesetz keine Rache für ihren Herrn nehmen durften).
Nach einer langen Zeit in Schande und Schmach konnten sie jedoch ihren Feind überfallen und hinrichten. Ihre Bestrafung war der rituelle Selbstmord, der ihnen aufgrund ihrer Treue gewährt wurde.
Jedenfalls wurden sie neben ihrem Herren im Sengaku-ji (泉岳寺) begraben, welcher im damaligen Edo und heutigen Tôkyô liegt.
Nicht Teil des Tempels, aber interessante Architektur im Stadtzentrum




Auf dem Weg zu den Gräbern

Wer die Grabsteine zählt, wird auf die Zahl 49 kommen. Dies hat seinen Grund. Das prächtigste Grab gilt natürlich dem Herrn, welchem unsere Rônin gedient haben. Das 49. aber gebührt einem einfach Mann, welcher einst den Anführer der Krieger, betrunken am Straßenrand vorgefunden, beschimpfte seine Ehre verloren zu haben und ihm ins Gesicht spuckte. Als jener Mann später jedoch erfuhr, wie sie ihre Pflicht erfüllt und Rache genommen hatten, begab auch er sich zum Sengaku-ji und vollführte Seppuku. Der damals zuständige Priester war von dieser Geste, in welcher der Mann um Vergebung bat, derart gerührt, dass er ihm ein Grab neben den 47 gewährte. Und tatsächlich konnten wir auch sein Grab mit Hilfe der Inschriften auf den Brettern ausmachen, obwohl es sich äußerlich nicht unterschied.
Die Gräber der 47 (in der Ecke ist jenes, das dem 48. Mann gewidmet ist)




Nun, dies war es leider auch schon an Bilder aus der Hauptstadt. Wir waren abends natürlich noch ein aus und haben uns auch eines dieser ominösen Mai-Cafes angesehen (wenn man schon so viel Werbung bekommt) und waren in einem, das sich tatsächlich eher wie ein hübschen Restaurant anfühlte, in dem die Bedienung einfach nur grüne Hausmädchenkleidung trug und die Speisekarte voller Anspielungen auf Feen war.
Zum Schluss noch ein wenig lustige Werbung, wie sie in Japan präsentiert wird.


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