Ômihachiman liegt nicht weit weg von Ôsaka und wenn man schon die Gelegenheit bekommt ein echtes japanisches Matsuri zu besuchen, so sollte man diese auch nutzen. Dem Sagichô-Fest wird nachgesagt eines der verrücktesten in ganz Japan zu sein. Dass Japaner generell zu verrückten Festen tendieren sollte ja eigentlich schon klar sein. Beim Sagichô geht es darum, dass die einzelnen Stadtbezirke von Ômihachiman einen Wettkampf darüber austragen, welches den schönsten Paradewagen anfertigt. Dabei gibt es gewisse Regeln was man verwenden darf, was nicht und wer sich alles daran beteiligen kann oder muss.
Jeder Wagen muss jedoch das aktuelle Zodiac-Zeichen aus dem Tiersternkreis tragen. Wir erinnern uns, dass es dieses Jahr das Pferd ist. Die Auswahl der schönsten Wagen fand bereits am Vortag statt, denn was uns noch ein wenig mehr anzog war die folgende Veranstaltung, bei welcher die schönen Bauwerke angezündet und der Gnade der Flammen überlassen werden!
Jedenfalls bekamen wir, je näher wir dem Festgelände kamen, schon die ersten Wagen (insgesamt waren es 16) zu Gesicht.
Die Swastika weisen den Weg zum Tempel (bitte daran denken, dass es in Asien eine andere Bedeutung als bei uns hat) |
Ein paar Probleme können beim Transport durchaus auftreten |
Ein gepfähltes Pferd - ein schlechtes Omen? |
Man sieht noch die Spuren vom Vortag |
Direkt neben dem Tempelgelände befanden sich nicht nur die Spiel- und Schießbuden (welche natürlich alle faire Preise und Siegeschancen haben *Ironie aus*), sondern auch den größten öffentlichen Mülleimer, den ich je in Japan gesehen habe: Den kompletten Boden.
Süßigkeiten mit bekannten Gesichtern (zumeist aus Kinderserien) |
Mülleimer? Wozu haben wir einen Boden?! |
Nun schlugen wir die restliche Zeit noch auf dem Festgelände rum, beobachteten die fleißigen Teilnehmer dabei wie sie ihre Wagen vorbereiteten und vertrieben uns die Zeit damit das Programmblatt zu entziffern. Ein Rätsel, was später dann aufgelöst wurde, war das mysteriöse Wort "Masse", zu dem uns keine sinnvolle Übersetzung einfallen wollte.
Und mit dem Einsetzen des Sonnenunterganges ging es dann endlich los. Bevor jedoch irgendwelche Funken fliegen konnten, mussten die Vertreter der teilnehmenden Bezirke noch einmal ihre Werke vorstellen und ihr Durchhaltevermögen unter Beweis stellen. Dies heißt im Klartext, dass sie mit ihrer Strohpuppe bis vor das Eingangs-Tori des Tempels kamen und diese für unzählige Minuten tragen mussten, während einer der Repräsentanten oben auf saß, sich mit Alkohol volllaufen ließ uns seine Mitstreiter anfeuerte. Und der traditionelle Anfeuerungsruf dieses Festes lautet "Masse, Masse!" (マッセ、マッセ). Dies zog sich in der Tat eine ganze Weile hin, denn keiner ein jeder musste ja beweisen dass sie wenn es drauf ankäme ihre Puppe die ganze Nacht über tragen könnten.
Da uns dies nach einer guten halben Stunde (und nicht einmal die Hälfte der ersten Plätze war an uns vorbei) langweilig wurde, und die Träger in ihren angetrunkenen Wankungen und dem Bestreben ihre Kraft unter Beweis zu stellen so manches Mal mit der ganzen Truppe samt Wagen in die Zuschauer rein rasten, setzten wir uns in ein Cafe bis das eigentlich Feuerfest anfangen konnte.
(Hier soll ein Video auftauchen, wenn es sich denn endlich hochladen ließe)
Als es dann schon schön dunkel war und vermutlich die ersten bereits mit gebrochenen Schultern auf Tragen entfertn wurden, konnte es dann endlich mit dem Zündeln anfangen. Jetzt mussten die Puppen nur noch in Position gebracht werden, wofür dann vielen schon wieder die Kraft fehlte (wer hätte das denn bitte vorhersehen können?). Daher wurden dann auch Unbeteiligte herangezogen, und mit einigen kurzen "Hier ziehen!", "Da drücken!", "Hier hochheben!", wurden natürlich auch die stattlich aussehenden Ausländer herangezogen. Ich wusste wir hätten uns nicht so nahe aufhalten sollen.
Neben der Tatsache, dass wir nie genau wussten wer jetzt die Befehle gab und ob wir das Ding jetzt aufstellen sollen oder aber damit auf die gegnerischen Puppen einschlagen sollen (Ja, es gab scheinbar beide Intentionen gleichzeitig), wurden dann die ersten 8 Werke entzündet.
Erfüllt es euch nicht auch mit einer inneren Genugtuung dabei zuzusehen wie ein Werk von wochenlanger Zusammenarbeit und Kräfte raubendem Einsatz der Gnade der Flammen übergeben wird, sodass nur noch Staub und Asche davon übrig bleibt...? Nein? - Ok, ich habe nichts gesagt.
Die Absperrungen könnt ihr übrigens gerade nicht sehen, weil sie nämlich niemals existierten. ich glaube der eine oder andere hatte tatsächlich an seiner Kleidung auch irgendwo Feuer gefangen.
Nach diesem Spektakel machten wir uns dann aber auch schon auf den Rückweg. Schließlich befanden wir uns mitten auf dem Lande und die letzten Züge des Tages fahren der Erfahrung nach schon unangenehm früh.
Sehr zufrieden mit dem Tag und dem kleinen Abstecher nach Shiga, überließen wir die sich betrinkenden und feiernden Japaner dann ihren Spielereien mit den Flammen. Auf noch unzählige "Masse, Masse!", brennende Pferde und einen guten Start in ihr neues Jahr.
Ich persönlich finde es besser, die Werke in einem großen Fest zu verbrennen, als sie zu Staubfängern verkommen zu lassen.^^
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